Innovationskultur fördern
Strategische
Kerngruppe: Innovationskultur fördern AufgabenVorhandene Kompetenzen ausschöpfen Know-how von außen einbinden Führungskompetenzen ausbauen Auf heterogene Zusammensetzung achten FragenWie setzt sich die Kerngruppe zusammen, damit Fachkompetenz und übergreifende Kompetenz vertreten sind? Welches Wissen wird benötigt, damit unterschiedliche Perspektiven einfließen? Fachliches Wissen, Verwaltungswissen, Prozesswissen? Wie kann systematisch internes Know-how eingebunden werden? Welche Zugänge zu externem Wissen gibt es? Wie können diese genutzt und erweitert werden? Wie kann eine offene Lernkultur entstehen, die neue Ideen zulässt? Kommunikationskapazitäten stärken
Strategische
Kerngruppe: Kommunikationskapazitäten stärken AufgabenKommunikative Ressourcen und Kompetenzen anpassen Kommunikation und Dialog abstimmen FragenVerfügt die strategische Kerngruppe über ausreichend Ressourcen für die Kommunikation? Verfügt die strategische Kerngruppe selbst über genügend Kommunikationswissen und -erfahrung? Gibt es feste Kommunikationskanäle, die den Informationsfluss nach innen und außen sicherstellen? Hat sich die strategische Kerngruppe auf einheitliche Kernbotschaften geeinigt? Sind die Instrumente der Kommunikation inhaltlich und zeitlich aufeinander abgestimmt? Gibt es Feedback-Mechanismen? In der strategischen Kerngruppe muss es auf jeden Fall Mitglieder geben, deren Aufgabe die Kommunikation nach innen und nach außen ist. Beides ist wichtig. Und beides ist keinesfalls mit PR zu verwechseln. Führt die politische Kommunikation
an einen Punkt, wo »spin doctors« die Herrschaft übernehmen und die politische Botschaft anstelle politischer Inhalte tritt, so wird das in der Regel schnell von der Öffentlichkeit durchschaut – und sanktioniert. Die Folge sind Vertrauens-
und Zustimmungsverluste bis hin zu öffentlicher Unterbewertung tatsächlicher politischer Erfolge oder sogar ein Scheitern der Reform.
Die Kommunikation wird umso schwieriger, je mehr Akteure involviert sind. Auf Bundesebene und in Koalitionskonstellationen ist sie zweifellos am kompliziertesten. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist auch dafür bekannt, eine Meisterin
des Telefons zu sein. Normalerweise verbringt sie am Sonntagnachmittag mehrere Stunden damit, die Themen der kommenden Woche mit Parteifreunden und anderen wichtigen Akteuren telefonisch zu besprechen. Hier kann schon die Reihenfolge
der Telefonate wichtig sein, um möglichst viele Informationen zu gewinnen und ihrerseits Botschaften an die Akteure am anderen Ende der Leitung zu vermitteln. Politische Führungsfiguren wissen, wie wichtig es ist, nach draußen eine
einheitliche »Kommunikationsfront« zu bieten. Aber selten verstehen sie, dass sie auch ihren Apparat über Binnenkommunikation mitnehmen müssen, damit Reformansätze und der Reformkern intern ebenfalls durchsetzbar werden und bleiben.
Die Außenkommunikation sollte unter professioneller Leitung stattfinden. Egal, ob ein Politiker selber kommuniziert oder »über Bande« andere für sich sprechen lässt, es bedarf immer einer Kommunikationsstrategie und eines Verantwortlichen
hierfür.
Durchsetzung sichern
Strategische
Kerngruppe: Durchsetzung sichern AufgabenAkteure ressortübergreifend vernetzen Konflikfrühwarnsystem aufbauen FragenWelche Akteure stärken die Durchsetzung des Veränderungsprozesses und sind für die Mitwirkung in der Kerngruppe eine Bereicherung? Welche Akteure stärken die Durchsetzung der Reform und sollten deshalb in der strategischen Kerngruppe mitwirken? Welche Kooperationen und Vernetzungen mit anderen einflussreichen Akteuren und Gremien sind hilfreich? Wie kann eine permanente Sondierung der Stimmungslage sichergestellt werden? Wie kann sichergestellt werden, dass frühzeitig Stimmungen unterschiedlicher relevanter Akteure wahrgenommen werden? Zukunftsthemen aufgreifen
Problemdefinition und Analyse: Zukunftsthemen aufgreifen AufgabenReformbedarf frühzeitig identifizieren Reforminhalte analysieren Reformrichtung klären FragenWie ist der Stand der aktuellen wissenschaftlichen Debatte? Welches sind die langfristigen Trends aus Sicht der Wissenschaft? Welches interne Wissen liegt zu einem Thema bereits vor? Wie ist die Haltung der eigenen Fraktion und Partei zu einem Thema? Wie sehen die Interessen der Bevölkerung aus, wie die der Lobbygruppen? Berührt der Reforminhalt grundlegende (kontroverse) gesellschaftliche Überzeugungen? An welcher Stelle kann es zu Zielkonflikten kommen? Welche Risiken und welcher Handlungsdruck bestehen? Spitzenpolitiker sind immer in Zeitnot. Dieses eherne Gesetz gilt, egal ob es sich um Bund, Länder oder Kommunen handelt. Reformen aber brauchen viel Zeit, Aufmerksamkeit und Planung. Und Themen für Reformen gibt es überall.
Deshalb ist die Konzeption von entscheidender Bedeutung. Ein Spitzenpolitiker wird nicht alles, was er will, reformieren können. Im besten Fall werden eine, maximal zwei Reformen mit der Lebensleistung eines Politikers verknüpft: die
Wiedervereinigung mit Kanzler Helmut Kohl, die Agenda 2010 mit Gerhard Schröder, die Riester-Reform mit Walter Riester, die »Rente mit 67« mit Franz Müntefering, das Elterngeld mit Ursula von der Leyen.
Für alle Reformen gilt, dass die Erfolgsaussichten deutlich steigen, wenn bereits der Konzeptionsprozess strukturiert vor sich geht. Das beginnt damit, den Reformbedarf zu identifizieren.
Handelt es sich bei dem Reformthema um eines, das von der Öffentlichkeit schon breit diskutiert wird? Oder geht es um etwas, für das das Problembewusstsein erst noch geschaffen werden muss? Öffnet sich durch die aktuellen Entwicklungen ein Reformfenster, das nun genutzt werden kann? Oder drängt eine Interessengruppe intern auf die Reform für ein Thema, das nur einen Teil der Bevölkerung überhaupt beschäftigt? Ist der Reformbedarf dahingehend identifiziert, sollte als nächster Schritt das Umfeld analysiert werden. Politische Problemstellungen sind komplex und vielschichtig. Ihre volle Tragweite lässt sich nur erfassen, wenn die sachlichen,
zeitlichen, räumlichen und sozialen Dimensionen untersucht werden.
Um was geht es eigentlich? Wie lange braucht die Reform? Ist sie lokal begrenzt, oder sind andere Regionen, andere Bundesländer, vielleicht sogar andere Staaten tangiert? Ist sie lokal begrenzt, oder sind andere Regionen, andere Bundesländer, vielleicht sogar andere Staaten tangiert? Strategiefähige Politik zeichnet sich dadurch aus, dass die Reformakteure mit interner und externer Expertise kausale Zusammenhänge aufdecken, künftige Entwicklungen zu bestimmen suchen, sich eine klare Vorstellung von der Reichweite
der zu lösenden Probleme verschaffen und den Grad der Betroffenheit ungefähr abschätzen können.
Ist diese Analyse erledigt, sollte geklärt werden, in welche Richtung die Reform geht.
Wie ist die Stoßrichtung? Welche sind die übergeordneten Leitziele? Was ist der Handlungsrahmen? All dies sollte fachlich abgesichert sein und sich mit den Grundorientierungen und Werten der wichtigen Reformunterstützer decken. Eine zentrale Rolle spielen dabei dann auch die Partei und ihre jeweiligen Funktionärsschichten.
Entwicklungsbereitschaft fördern
Problemdefinition und Analyse: Entwicklungsbereitschaft fördern AufgabenKommunikationskonzept erarbeiten, um Problembewusstsein zu schaffen, Deutungsmuster zu etablieren und Leitideen zu kommunizieren FragenWie wird die Arbeit in der (Fach-) Öffentlichkeit bewertet? Wie von den Mitarbeitern? Liegt bereits ein Problembewusstsein vor? Wie werden Führungskräfte und Mitarbeiter informiert und in die strategische Neuausrichtung eingebunden? Wie werden Betroffene, Nutznießer, Medien und Multiplikatoren ggf. eingebunden? Wird der Nutzen sichtbar oder müssen Kernargumente wissenschaftlich unterfüttert werden? Was passiert, wenn die Neuausrichtung nicht durchgeführt wird? Welche Zahlen, Daten, Fakten, Kosteninformationen können den Veränderungsprozess prägen? Nimmt die Neuausrichtung Bezug auf gesellschaftliche Diskussionen und übergeordnete Werte? Wird über die Neuausrichtung intern und extern in einer positiven Sprache gesprochen? Liegt ein Kommunikationsplan vor? Erfolgsaussichten abschätzen
Problemdefinition und Analyse: Erfolgsaussichten abschätzen AufgabenGelegenheitsfenster identifizieren Profilierungschancen bestimmen Verhandlungskorridore abstecken FragenBesteht zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Gelegenheitsfenster für eine strategische Neuausrichtung? Birgt die Neuausrichtung ausreichend Profilierungspotenzial für Entscheidungsträger aus der eigenen Organisation? Welche relevanten Akteure aus dem Umfeld sind potenzielle Befürworter? Welche sind potenzielle Gegner und können die Neuausrichtung negativ beeinflussen? Welche Interessen und Positionen vertreten die relevanten Akteure im Hinblick auf die Neuausrichtung? Wie können Befürworter motiviert und Bündnispartner gewonnen werden? Können »Vetospieler« »neutralisiert« werden? Wie breit sind die Verhandlungskorridore, und welche Kompromisspotenziale bestehen zwischen den einzelnen Akteuren? Wie gewinnt die Reform zusätzlicher Unterstützer? Reformkonzept formulieren
Formulierung &
Entscheidung: Reformkonzept formulieren AufgabenHandlungsoptionen klären Lösungsalternativen bewerten Reformfahrpläne entwerfen FragenWie wurde ein bestehendes Problem in anderen Ländern gelöst? Welche Meinung haben Experten und Umsetzungsakteuren zu der Reform? Wie sieht die Faktenlage aus? Sind Wirksamkeitstests sinnvoll und möglich – z. B. in Form von Pilotprojekten? Welche Handlungsoptionen und alternative Lösungen gibt es? Was spricht für eine „große Reform“, was für eine Reform in kleinen Schritten? Ist die Zeitplanung realistisch? Wer Reformen mithilfe des Strategie-Kompasses plant, wird es mit der Formulierung leichter haben. Denn schon mit dem Agenda Setting wurde darüber gesprochen, wie die Reform aussehen soll. Nun geht es darum, die Ziele der Reform festzulegen
und einen Fahrplan zu entwerfen. Manchmal kann es sinnvoll sein, die Reform in einzelnen Schritten auszuführen – also etwa zuerst den Haushalt zu konsolidieren, um dann glaubhaft eine Steuerreform umsetzen zu können.
Das ist umso wichtiger, als es in dieser Phase auch darum geht, die für die Reform notwendige Zustimmung aufzubauen. Zustimmung, im weitesten Sinne Vertrauen, ist sowohl Voraussetzung als auch Mittel und Ziel erfolgreicher Reformpolitik.
Sie ist unerlässlich für das Gelingen von Reformen. Und Zustimmung muss nach innen wie auch nach außen aufgebaut werden.
Vertrauen aufbauen
Formulierung &
Entscheidung: Vertrauen aufbauen AufgabenGlaubwürdigkeit vermitteln Klare und positive Reformsprache einsetzen Realistische Erwartungen erzeugen Dialog etablieren FragenWann ist der geeignete Zeitpunkt für die Kommunikation bestimmter Inhalte/Themen? Wie lassen sich Partei und Mitarbeiter ins Boot holen? Ist die Reformsprache positiv? Werden Reformgewinne und Gewinner herausgestellt? Werden die Reformpläne als bestmögliche Lösung dargestellt und begründet? Wird klar gesagt, was möglich ist, was sich ändert und was nicht? Werden neben dem Gesamtziel auch die Etappenziele kommuniziert? Sollen Bürger beteiligt werden und wenn ja in welcher Form? Zustimmung und Vertrauen können nur entstehen, wenn die Handelnden als glaubwürdig eingestuft werden. Sie sollten ihre Gesprächspartner ernst nehmen – und ihnen klar sagen, wo die geplanten Reformen für Stabilität und Sicherheit sorgen
und wo sie Wandel mit sich bringen. So sind von der »Rente mit 67« beispielsweise vor allem die Menschen ab dem Geburtsjahrgang 1960 betroffen. Sie werden erst in zwei bis drei Jahrzehnten die Auswirkungen der Reform dahingehend
spüren, dass sie bis zu 24 Monate länger arbeiten müssen. Doch debattiert – und kritisiert – wurde die Reform fast ausschließlich von Menschen, die demnächst in Rente gehen oder schon in Rente sind. Sie aber sind gar nicht von der
Reform betroffen. Ganz im Gegenteil – die Reform soll die Stabilität ihrer Rentenzahlungen sichern. Das jedoch wurde weder kommuniziert noch von den Menschen verstanden. Und so fehlte es an elementarem Vertrauen in diese Reform.
Es mangelte an Zustimmung.
Ganz besonders schadet es der Glaubwürdigkeit von Reformen, wenn voreilige, nicht einlösbare Versprechungen gemacht werden. Das mag einen kurzfristigen Nutzen haben. Doch der zu erwartende Vertrauensverlust steht in keinem Verhältnis
dazu – und er ist nicht mehr reparabel. Es ist deshalb außerordentlich wichtig, mit dem Reformversprechen nur realistische Erwartungen zu erzeugen.
Das ist einer der Gründe, warum die ständigen Gesundheitsreformen in der Bevölkerung nur noch wenig Beachtung finden. Fast immer wird versprochen, dass die Reformen die Beitragssätze stabilisieren sollen – und fast immer wird dieses
Versprechen gebrochen. Stattdessen wäre es wahrscheinlich sinnvoller, auf andere Reformaspekte abzuheben, wie etwa die Qualität der Versorgung.
Mehrheiten sichern
Formulierung &
Entscheidung: Mehrheiten sichern AufgabenEntscheidung für ein durchsetzbares Reformkonzept treffen Verhandlungsstrategie bestimmen Bündnispartner und Öffentlichkeit gewinnen Politischen Entscheidungsprozess managen FragenHat sich die Regierung auf einen Reformentwurf verständigt? Wurde der formale Gesetzgebungsprozess geplant? Helfen schnelle Erfolge dabei Unterstützer zu gewinnen? Wurde den zentralen Entscheidern angeboten, mitwirken und sich profilieren zu können? Wurde festgelegt, ob Verhandlungen konflikt- oder konsensorientiert geführt werden? Lassen sich potenzielle Reformgewinner und Öffentlichkeit mobilisieren? Können Reformgegner umgestimmt werden? Sind alle Umsetzungsakteure mit an Bord? Damit kommen wir zur Königsdisziplin des Reformers: dem Sichern von Mehrheiten. Das ist in der deutschen Verhandlungs- und Koalitionsdemokratie ganz besonders schwierig. Politische Entscheidungen sind sehr viel stärker von Interessenkonstellationen
und der Machtverteilung zwischen den beteiligten Akteuren bestimmt als von rationaler Alternativenauswahl.
Der Reformer und sein Kernteam müssen sich drei strategischen Steuerungsaufgaben stellen. Sie brauchen eine geeignete Verhandlungstaktik, die flexible Strategiewechsel im Laufe des Prozesses ermöglicht. Nur so kann ein möglichst breites
Feld potenzieller Bündnispartner erschlossen werden. Und schließlich geht es darum, ein hohes Maß an öffentlicher Zustimmung für die Reformen zu mobilisieren.
Relativ selten wird in Deutschland ein konfliktorientierter Verhandlungsstil ausgewählt. Er führt dazu, dass der Verhandlungspartner nur »Ja« oder »Nein« sagen kann. Konfliktorientiert kann allerdings nur derjenige verhandeln, der
über genügend Macht und Rückhalt verfügt. Manchmal wird dazu die »divide et impera«-Strategie eingesetzt, wobei einzelne Subgruppen unter den Verhandlungspartnern durch Zugeständnisse für die Reform gewonnen werden.
Weiter verbreitet in Deutschland ist der konsensorientierte Verhandlungsstil. Er steht für Verhandeln im eigentlichen Sinn. Dabei bieten die Reformakteure Kompensationen an, um ihre Verhandlungspartner für die Sache zu gewinnen. Das
führt allerdings fast immer zur Verwässerung der Konzepte. Reformakteure sehen sich dann dem öffentlichen Vorwurf ausgesetzt, sie seien aufgrund ihrer Verhandlungsschwäche auf eine Politik des Kuhhandels, der Flickschusterei und
des halbherzigen Formelkompromisses angewiesen. Jenseits der oft hohen Kosten dauert diese Art des Verhandelns auch sehr lange.
Eine Alternative ist deshalb der problemorientierte Verhandlungsstil. Hier steht sach- und wahrheitsorientiertes Argumentieren im Vordergrund. Vor allem auf der lokalen Ebene ist er gut einsetzbar, da die von der Reform zu lösenden
Probleme hier allen Beteiligten sehr klar ersichtlich sind. Problemorientiertes Verhandeln bietet sich vor allem dann an, wenn es nicht um Verteilungskonflikte geht.
Je schneller die Bürgerinnen und Bürger erste Verbesserungen durch die Reformen spüren, desto erfolgreicher wird die Reform sein. Leider werden kurzfristig eintretende Reformverluste wesentlich stärker wahrgenommen als langfristig
anstehende Reformgewinne. Über diese Grundregel muss sich jeder Reformer im Klaren sein. Lassen sich gesellschaftliche Veränderungen nur in Verbindung mitsolchen kurzfristigen Verlusten realisieren, so müssen die drohenden Abwehrreaktionen
in der Öffentlichkeit durch frühzeitiges Erwartungsmanagement abgefangen werden.
Ergebnisqualität sichern
Umsetzung: Ergebnisqualität sichern AufgabenWirkung sicherstellen Umsetzungsschritte festlegen Geeignete Steuerungsinstrumente wählen FragenWurden das zentrale Wirkungsziel der Reform und die Umsetzungsmaßnahmen konkret bestimmt? Wie lassen sich einzelne Maßnahmen und Leistungen mit den Alltagsbedürfnissen der Bürger abstimmen? Verfügen die Umsetzungsakteure über genügend Ressourcen? Können auch Schwierigkeiten umgehend beseitigt werden? Gibt es detaillierte Zeitpläne, Budgets und Entscheidungsregeln? Wurden Instrumente zur Steuerung ausgewählt? Gibt es irgendwelche Ge- und Verbote oder finanzielle Anreize? Das ist zugegeben sehr kompliziert, weil die Auswirkungen von Reformen sich oft erst auf lange Sicht zeigen. Ursache und Wirkung sind nur selten klar auszumachen. Meist gibt es die unterschiedlichsten Einflussfaktoren, die sich gegenseitig
stören oder verstärken. Und schließlich ist es oft politisch riskant, klare Ziele zu definieren: Dass Bundeskanzler Gerhard Schröder sich einst auf eine konkrete Zahl einließ, um die er die Arbeitslosigkeit reduzieren wollte, hat
ihm spätestens dann geschadet, als er sie nicht erreichte. Selbst die Bezeichnung der Hartz-Reformen als »Agenda 2010« klingt nun, da das Zieljahr erreicht ist, seltsam, weil die Reform ja keineswegs erledigt ist.
Schwierig zwar, aber außerordentlich sinnvoll ist es, Reformen vom Ende her zu denken und sie aus der Perspektive der Bürgerinnen und Bürger heraus zu konstruieren. Welchen Einfluss haben die Veränderungsprozesse auf das Leben der
Bürger? Wie werden sie darauf reagieren?
Das kann durch Befragungen erfolgen. Eine andere wichtige Möglichkeit ist die enge Zusammenarbeit mit den Vollzugsbehörden, weil dort eventuelle Probleme am schnellsten zu sehen sind. Insgesamt steht ein breites Instrumentarium an
Steuerungs- und Umsetzungsinstrumenten zur Verfügung: Ge- und Verbote, Anreiz-Instrumente wie positive und negative finanzielle Anreize, die Bereitstellung von Leistungen wie Gütern und Dienstleistungen und auch nicht materielle
Anreize wie das Zugestehen von Teilhaberrechten. Meist wird ein Mix optimal sein. Wer es versäumt, die Ergebnisqualität seiner Reform frühzeitig zu sichern, läuft große Gefahr, dass die Reform scheitert. So wurden in den ersten Jahren
der Riester-Reform kaum Verträge verkauft, weil die Regierung den Anbietern verboten hatte, die Provisionen sofort zu kassieren. Stattdessen mussten sie auf zehn Jahre gestreckt werden. Weil sich das für die meisten Anbieter nicht
lohnte, machten sie kaum Werbung für die Riester-Policen. Erst als die Regierung dies änderte, verbesserte sich die Lage.
Wenig zielführend scheint auch die Praxisgebühr zu sein, mit der die Regierung eigentlich überflüssige Arztbesuche verhindern wollte. Tatsächlich aber sind die Deutschen inzwischen Europameister beim Praxisbesuch: Offensichtlich verärgert
diese Gebühr sie so sehr, dass sie möglichst viele Arztbesuche pro bezahlter Quartalsgebühr herausschlagen wollen. Die Reform hat also genau den gegenteiligen Effekt erreicht. Das hätte weit früher bemerkt werden können, wenn die
Reformakteure sich um eine Sicherung der Ergebnisqualität bemüht hätten.
Offenheit herstellen
Umsetzung: Offenheit herstellen AufgabenKommunikation zwischen allen Beteiligten und Betroffenen gewährleisten Tragfähigkeit der Reform verdeutlichen Transparente Abläufe herstellen FragenWie fit sind diejenigen, die den Veränderungsprozess umsetzen, fachlich und kommunikativ? Wird in einfacher und verständlicher Sprache frühzeitig mit den Beteiligten und Betroffenen kommuniziert? Werden Probleme bei der Umsetzung, Anregungen und Kritik mit den für die Umsetzung Verantwortlichen offen diskutiert? Werden offensiv Verbesserungsvorschläge erhoben und frühzeitig umgesetzt? Werden Veränderungen und Erfolge in der (Fach-) Öffentlichkeit kommuniziert? Unterstützer aktivieren
Umsetzung: Unterstützer aktivieren AufgabenUmgang mit relevanten Akteuren klären Umsetzungsakteure einbinden Klare Verantwortlichkeiten schaffen FragenFindet ein regelmäßiger Informations- und Erfahrungsaustausch mit relevanten Akteuren statt? Werden Wissen und Bedürfnisse der relevanten Akteure (intern und extern) berücksichtigt? Sind alle relevanten Entscheidungsträger der eigenen Organisation in den Prozess der Neuausrichtung eingebunden? Sind Unterstützer bzw. Partner von außen gewonnen? Sind Verantwortliche benannt, Umsetzungsakteure eingebunden und Zuständigkeiten klar geregelt? Sind Termine, Budgets und Inhalte verbindlich festgelegt? Kontrollmechanismen effektivieren
Fortlaufende
Erfolgskontrolle: Kontrollmechanismen effektivieren AufgabenGeeignete Evaluationsverfahren auswählen Prozessbegleitend evaluieren Kosten und Nutzen bewerten FragenSind die Ziele so klar formuliert, dass sie auch überprüfbar sind und Ergebnisse bzw. Wirkungen gemessen werden können? Wie wird der Veränderungsprozess evaluiert? Liegen bereits gute Instrumente vor oder müssen neue entwickelt werden? Ist ein systematischer Austausch zwischen den Umsetzungsakteuren etabliert? Gibt es einen systematischen Austausch zwischen den Umsetzungsakteuren, so dass übergreifender Handlungsbedarf erkannt wird? Werden mit einfachen Verfahren Zielerreichungsgrad, Ergebnisse, Aufwand und Effizienz evaluiert? Werden die Wirkungen kontinuierlich geprüft und ggf. Anpassungen vorgenommen? Erfüllen die Evaluationsverfahren ihren Zweck, und werden sie akzeptiert? Feedback gewährleisten
Fortlaufende
Erfolgskontrolle: Feedback gewährleisten AufgabenFeedback analysieren Dialog mit Betroffenen und Beteiligten pflegen Evaluationsergebnisse zielgruppenadäquat verbreiten FragenWerden die Meinungen der Beteiligten und Betroffenen systematisch eingeholt und berücksichtigt? Werden die öffentliche Meinung und die Medien beobachtet sowie die Berichterstattung gezielt gesammelt und analysiert? Werden Einschätzungen aus der Basis der eigenen Organisation eingeholt? Wird ein regelmäßiger Austausch mit Umsetzungsakteuren durchgeführt? Werden Erfolge zielgruppenspezifisch verbreitet? Werden negative Ergebnisse kombiniert mit Verbesserungsvorschlägen kommuniziert? Handlungsspielräume bewahren
Fortlaufende
Erfolgskontrolle: Handlungsspielräume bewahren AufgabenFrühwarnsystem aufbauen Flexibel nachsteuern Veränderte Akteurskonstellationen berücksichtigen FragenWurden im Vorhinein Termine zur Überprüfung der Reformerfolge festgelegt? Welche Kriterien und Entscheidungsregeln sollen für die Änderung der Reformrichtung gelten? Wird der Reformprozess laufend auf mögliche Konflikte zwischen den einzelnen Akteuren sondiert? Muss ggf. die Zusammensetzung der strategischen Kerngruppe angepasst werden? Ist eine Anpassung der Durchsetzungsstrategie erforderlich? Ihre Wirkung kann die Erfolgskontrolle nur entfalten, wenn sie politisches Lernen anstößt und dies nötigenfalls zum Nachjustieren bei der Prozesssteuerung führt. Dafür benötigen die politischen Akteure dann allerdings auch Handlungsspielraum.
Reformstrategien sollten deshalb grundsätzlich so angelegt sein, dass sie Bewegungsspielräume offenhalten.
Sind die Reformakteure hingegen nicht willens zu reagieren, riskieren sie Dauerbeschuss – und letztlich den Verlust der Legitimationsbasis. Dies kann notwendig sein, wenn es sich um sehr grundlegende Entscheidungen von nationaler oder
gar internationaler Bedeutung handelt. Es gibt nur wenige Reformen, die ein derartiges Risiko rechtfertigen: die Einführung des Euro beispielsweise, die von den Deutschen über viele Jahre abgelehnt wurde. Oder die Ostpolitik Willy
Brandts, der NATO-Doppelbeschluss und auch die Gurtpflicht. In all diesen Fällen wurde den verantwortlichen Politikern letztlich – allerdings erst nach Jahren – zugestanden, dass es sich um erfolgreiche Reformen gehandelt hat.
Schwieriger ist es, wenn Reformakteure zwar willens, aber nicht fähig sind, zu reagieren. Das ist immer ein Zeichen fehlender Optionen und fehlender Planung im Vorfeld und im Prozess. Das Risiko kann durch strategische Planung minimiert
werden.